#Bloccupy Frankfurt

Frankfurt am Main wurde am Wochenende vom 24. bis zum 26. April zum Ort eines internationalen Zusammentreffens verschiedenster Strömungen aus dem globalisierungskritischen, dem linksradikalen Spektrum und der Occupy-Bewegung. Ziel der VeranstalterInnen war es den Krisenprotest zu bündeln und dem europäischen Interesse eines solidarischen Signals aus Deutschland nachzukommen. Geladen hatten attac, die interventionistische Linke (iL) und occupy Frankfurt.

Widerstand globalisieren

Am ersten Abend lauschten rund 400 BesucherInnen den Ausführungen politischer AktivistInnen aus dem europäischen Raum. Christos aus Griechenland etwa schrieb ein Buch über die Notwendigkeit der Proteste und zugleich von der fehlenden Perspektive und Geschlossenheit der griechischen Linken. Für ihn ist es klar: der Kapitalismus hat keine Zukunft und „it is our job to finish that!“. Eine Genossin aus Italien erzählt von ihren Erfahrungen in der prekär beschäftigten migrantischen Bewegung. Erfolgreich war unter anderem ein Streik von MigrantInnen um deren Gewicht in der Produktion aufzuzeigen. Ansonsten sind sie es, die die Krise gleich doppelt trifft. Zum einen ökonomisch und zum anderen als Zielscheibe rechtspopulistischer Propaganda. Das Netzwerk (dis)connected, dem sie angehört, unterstreicht auch die Notwendigkeit der internationalen Koordination. Denn das Kapital agiert über Grenzen hinaus und deswegen ist es auch die Pflicht des Widerstandes diese Herausforderung anzunehmen und die Vernetzung voranzutreiben. Eine Aktivistin der spanischen Asambleas berichtet über ihre Erfahrungen und ist hierbei etwas zielloser und weniger eindeutig als die beiden anderen RednerInnen. Doch einig sind sich alle: ein Zeichen aus Deutschland ist notwendig! Als das Land, das Sparauflagen aufzwingt und aufgrund der eigenen Kürzungsprogramme massiven ökonomischen Druck auf die anderen Länder ausübt, sei längst überfällig.

Am kämpferischsten und motivierendsten war wohl die Live-Schaltung nach Oakland. Dort sind die AktivistInnen schon etwas weiter. Nach einem Generalstreik an den Häfen, wollen sie es nun noch einmal wissen und planen für Mai schon den nächsten. Occupy als Konzept nehmen sie ernst und besetzen, streiken und kämpfen in einem Maße, von dem man als Linksradikale/r in Deutschland momentan nur träumen kann. Auch die wohl bekannteste ehemalige politische Gefangene im Kampf der Black Panther, Angela Davis, sprach vor kurzem in Oakland und solidarisierte sich mit der Bewegung und den Streiks vor Ort.

Auftakt im Mai – EZB blockieren

Gestärkt von diesen Eindrücken ging es am Samstag um die Konkretisierung der Aktion. Ein Vorschlag zu einer möglichen Ausgestaltung der Aktionstage im Mai sollte diskutiert und abgestimmt werden. Letztendlich stimmten fast alle folgendem zu:

Vom 17. bis zum 19. Mai werden in Franfurt am Main die Aktionen stattfinden. Am Donnerstag, den 17. sollen alle anreisen, die sich das Frankfurter Bankenviertel zu Eigen machen wollen. Angelehnt an occupy sollen Zelte errichtet werden und ein großes Camp mitten in der Stadt aufgeschlagen werden. Am Freitag soll dann die EZB ins Visier genommen werden. Geplant ist es, den Geschäftsbetrieb komplett lahm zu legen. Mit dem bewährten Blockade-Konzept soll es nach Dresden nun auch bei den Banken gelingen. Am Samstag wird dann zur internationalen Demo aufgerufen, die auch durch das Bankenviertel ziehen soll.

Bilanz

Nach vereinzelten Versuchen, Krisenproteste in Deutschland zu wagen, ist es nun ein positives Signal ausgehend von der Aktionskonferenz, diese vernetzt, koordiniert und zielgerichtet anzugehen. Die M31-Aktion von dem Bündnis „Ums Ganze“, der FAU und kleineren europäischen Gruppierungen ist ein Startschuss, der inhaltlich eine linksradikale Linie hat und somit ein begrenztes Mobilisierungspotential haben dürfte. Die Aktionskonferenz hingegen verstand sich weniger als inhaltlicher Anker und orientierte ihren Ausdruck eher an der Aktion, die für sich spreche. So können sich zwar mehr BündnispartnerInnen und UnterstützerInnen finden lassen, doch die inhaltliche Klarheit wird leiden. Jeder Organisation ist es freigestellt auf ihre Weise und mit ihren Inhalten zu mobilisieren. Das wird zwar ein breites Spektrum von revolutionär bis reformistisch ansprechen, jedoch wird beides nebeneinander stehen. Die Gefahr der Dominanz der „großen“ Verbände ist gegeben und somit wird es aus Frankfurt kein klares antikapitalistisches Signal sein, das zu vernehmen ist. Doch genau das ist es, was momentan so vielen Empörten, Unzufriedenen, Aufständischen und OccupistInnen fehlt: eine radikale Analyse der Verhältnisse und eine Perspektive zu ihrer Überwindung. Stehen bleiben darf der Krisenprotest folglich nicht einfach beim kleinsten gemeinsamen Nenner, sondern er muss sich weiterentwickeln und vor allem an den sozialen Kämpfen im Alltag anknüpfen, um tatsächlich die richtigen Fragen zu stellen und in Theorie und Praxis dort anzusetzen, wo es wirklich weh tut.

Erschienen in barricada – März 2012