Naziläden dichtmachen, Tønsberg das Weihnachtsgeschäft vermiesen!

Wer im vergangenen Jahr durch die Dr.-Kurt-Schumacherstraße lief, wurde schnell auf das Gebäude mit der Hausnummer 8 aufmerksam. Immer wieder gingen die Scheiben zu Bruch oder wurden mit Sprühfarbe kreativ gestaltet. Diese Botschaften gelten dem Naziladen „Tonsberg“. Sie sind ein Ausdruck der Ablehnung und der Wut gegen den Laden, der sein Geld mit der Nazi- Marke „Thor Steinar“ verdient. Diese versuchte bereits in mehreren Städten im gesamten Bundesgebiet Läden ihrer Marke zu etablieren. Im November vergangenen Jahres eröffnete „Tonsberg“ trotz massiver antifaschistischer Proteste in Nürnberg. Durch die Verteilung hunderter Flugblätter, zweier großer Demonstrationen und seit einem Jahr stattfindenden wöchentlichen Protestkundgebungen der Gewerkschaft verdi wurde kontinuierlich auf den rechtsextremen Hintergrund des Tonsberg aufmerksam gemacht. Jeden Adventssamstag werden wir mit verschiedenen Aktionen vor dem Laden präsent sein, um den Neonazis das Weihnachtsgeschäft zu vermiesen.

Was ist „Thor Steinar“?
„Thor Steinar“ ist eine Marke, die „Sport und Outdoorbekleidung“ vertreibt und dabei mit Runen und Symbolen arbeitet, die für Neonazis ein beliebtes Wiedererkennungszeichen darstellen. Da diese nicht auf den ersten Blick als rechte Symbolik erkennbar sind, müssen TrägerInnen selten mit direkter Konfrontation rechnen. In den Schriften, Symboliken und Farbkombinationen der Produkte geht es vor allem um die Verherrlichung von (deutscher) Kolonialisierung, nordischer Mythologie, Gewalt, dem 2. Weltkrieg und nationalsozialistischer Herrschaft.
Durch ihre Unauffälligkeit gelang es der Marke auch nichtrechte KäuferInnenschichten zu erschließen. Inzwischen gibt es „Thor Steinar“ auch in vielen Army-Stores und in manchen Sportgeschäften. Dass die erwirtschafteten Einnahmen in Millionenhöhe teilweise in faschistische Strukturen fließen bleibt zu vermuten, da der Betreiber Uwe Meusel selbst rege Kontakte zur Nazi-Szene pflegt.
Aber nicht nur der finanzielle Aspekt ist für die extreme Rechte sehr wichtig, auch ermöglicht „Thor Steinar“ einen leichten Einstieg in die rechte Szene durch codierte Parolen und Symboliken, welche eine identitätsbildende Wirkung haben.

Old Shit new Style
Die Zeiten, in denen man Nazis an Springerstiefel, Glatze und Bomberjacke erkennen konnte, gehören längst der Vergangenheit an. Mehr und mehr verschaffen sie sich durch Kleidung, Musik und verändertem Auftreten Zugang zur Mitte der Gesellschaft. Doch nicht nur ihr äußerliches Auftreten hat sich zunehmend geändert, auch in ihren Aussagen tritt der plumpe Populismus oft nicht sofort zu Tage. Nach wie vor versuchen sich Neonazis als die einzig wahren VertreterInnen des „kleinen Mannes“ darzustellen. Die zunehmende Unzufriedenheit der Menschen soll durch die Thematisierung der sozialen Frage von Rechts aufgefangen werden. Genutzt wird dies zur Verbreitung ihrer völkischen und rassistischen Weltanschauung. Mit Flugblattverteilungen vor Schulen, Betrieben oder auch den Gewerkschaften im Raum Nürnberg/Fürth/Erlangen zeigen Kameradschafts – AktivistInnen des „Freien Netz Süd“ Präsenz. Ließt man die vermeintlich antikapitalistischen und sozial revolutionären Phrasen, sind meist nur Losungen, wie „Stärkung der deutschen Volksgemeinschaft“, „Besinnung auf die Nation“ und rassistische Parolen, wie „Arbeit zuerst für Deutsche“ zu finden. Letztlich kein Unterschied zur alten nationalsozialistischen Ideologie. Außerdem widmen sie sich ebenso wie damals antikommunistischer Hetze und betreiben so genannte „Anti-Antifa“ Arbeit, mit dem Versuch politische GegnerInnen anzugreifen und einzuschüchtern. BIA und NPD gehen auch heute noch mit platt rassistischen Parolen zu Zeiten der Kommunal- oder Landtagswahlen auf Stimmenfang. Mit Ralf Ollert (NPD-Vorsitzender von Nürnberg und Bayern) und Sebastian Schmaus („Anti-Antifa“ Aktivist und inzwischen „Freies Netz Süd“) sind seit der letzten Kommunalwahl zwei rechtsextreme Stadträte im Nürnberger Rathaus vertreten.
Doch nicht nur in Nürnberg findet ihre Hetze Anklang, da solche Inhalte bereits in der Gesellschaft verankert sind. Dass diese „Inhalte“ aber eben nur reine Propaganda sind, zeigt die Geschichte. MigrantInnen wurden nach dem 2. Weltkrieg von der deutschen Wirtschaft angeheuert, als das Kapital mehr Arbeitskräfte benötigte, als vorhanden waren. Doch bald schon wendete sich das Blatt und die Arbeitslosigkeit stieg an. Zeitgleich begann in Deutschland eine ideologische Hetzjagd auf MigrantInnen, wie man sie nach dem Faschismus nicht so schnell für möglich gehalten hätte. Um eventuellen gemeinsamen Widerstand gegen soziale Not und Arbeitslosigkeit zu verhindern, forcierten Kapital und Politik die Spaltung der Lohnabhängigen in deutsch und nichtdeutsch. Die FaschistInnen erwiesen sich als willige Vollstreckerinnen der von Politik und Medien betrieben Hetze und so brannten in Deutschland wieder Häuser und Menschen.

Die Systematik erkennen,
die Systematik benennen…

Dass die Menschen von der Wirtschaft stets nur wie Figuren in einem Schachspiel behandelt werden, bleibt meist völlig außen vor. Anstatt ein auf Gewinnmaximierung orientiertes kapitalistisches System für Krisen verantwortlich zu machen, wird die Schuld nach wie vor Sündenböcken zugewiesen. Verstärkt durch rassistische Wahlkampfslogans führender Parteien und täglichen Abschiebungen stoßen faschistische Parolen auf immer mehr Anklang in der Bevölkerung.
Aber nicht nur der alltägliche Rassismus spielt faschistischen Gruppierungen in die Hände, auch der aufkommende Nationalismus lässt Andockpunkte für Nazis entstehen. Kampagnen wie „Du bist Deutschland“, initiiert von der Bundesregierung, sollen dazu führen, dass endgültig mit der nationalsozialistischen Vergangenheit abgeschlossen wird und ein neuer Nationalstolz entwickelt werden kann. Dieser soll in Krisenzeiten einmal mehr über soziale und wirtschaftliche Probleme hinwegtäuschen und Proteste schwächen.
Und auch hier zeigen sich die Nazis als ausführende Kraft einer Ideologie, die dem Kapital in die Hände spielt. Sie stilisieren Linke und GewerkschafterInnen zu den wahren Feinden der Lohnabhängigen. In einem Propaganda-Artikel des Freien Netz Süd zur „Volksfeindlichkeit der Linken“ werden sie als VerräterInnen bezeichnet, weil sie nicht im Interesse des deutschen Volkes handeln würden. Fakt ist: Unsere Solidarität kennt keine Grenzen. Wir fordern ein Wirtschaftssystem, das sich nach den Bedürfnissen aller Menschen richtet und in dem es keine Rolle spielt, wo ein Mensch geboren ist, welchem Geschlecht er/sie angehört oder welche sexuelle Orientierung er/sie hat.
Was der Begriff „Volk“ für NationalsozialistInnen bedeutet, hat uns die Geschichte gelehrt und dass gerade die, die sie in diesem Artikel angreifen, nämlich GewerkschafterInnen und Linke, in ihren Konzentrationslagern ermordet wurden, zeigt nur einmal mehr auf, dass es egal ist, ob sie Anzug und Krawatte oder „Thor Steinar“ tragen: Nazi bleibt eben Nazi!

Keinen Fußbreit den FaschistInnen
Wir werden uns nicht damit abfinden, dass Nazis versuchen sich hier zu etablieren – in welcher Form auch immer! Ob sie versuchen am 1. Mai durch Nürnberg zu marschieren, eigene Räume oder Kneipen für sich einzunehmen versuchen oder einen Naziladen eröffnen.
Im vergangenen Jahr wurde mit vielen kreativen Aktionen auf den Laden „Tonsberg“ aufmerksam gemacht. Tausende Flyer wurden verteilt, regelmäßig versammelten sich AktivistInnen vor dem Laden um ihren Unmut Ausdruck zu verleihen. Den Höhepunkt fanden die Gegenaktionen in einer Demonstration des „Antifaschistischen Aktionsbündnis Nürnberg“. Dem Aufruf folgten über 2000 Menschen, die ebenfalls nicht tatenlos zusehen wollten, wie sich Neonazis in ihrer Stadt auszubreiten versuchen! Über das ganze Jahr hinweg versammelten sich ver.di AktivistInnen wöchentlich zu Protestaktionen vor dem Laden. Und wenn die Stadt keinen Finger rührt, um gegen den Laden vorzugehen, sondern nur ihre Polizeibeamten einsetzt, die aktive und militante AntifaschistInnen mit Strafgeldern überhäufen, können wir nur eines tun: selbst aktiv werden und bleiben um diesen Laden und allen faschistischen Umtrieben in dieser Stadt und überall eine klare Absage zu erteilen! Daher rufen wir, das Antifaschistische Aktionsbündnis Nürnberg, dazu auf, sich an der Belagerung des „Tonsberg am 05.12.09 ab 12 Uhr in der Dr. Kurt Schumacherstr. 8 zu beteiligen. Wir werden verhindern, dass auch nur ein lausiges Produkt der Nazimarke „Thor Steinar“ über die Ladentheke geht. Kein Nazi soll die Möglichkeit bekommen den Laden zu betreten, außerdem möchten wir alle Menschen darüber aufklären worum es sich bei dem scheinbar völlig unpolitischen Laden handelt.

Werdet selbst aktiv und beteiligt euch an der Belagerung des „Tonsberg“ am 5. Dezember 2009!
Diskutiert mit Menschen an euren Schulen, Unis und Betrieben! Nur gemeinsam sind wir stark, also kommt in die Dr. Kurt Schuhmacherstraße und seid kreativ!

Weitere Aktionstermine gegen „Thor Steinar“ 28.11./ 12.12/ 19.12.

UnterstützerInnen:
Autonome Jugend Antifa [AJA], radikale Linke [RL], organisierte autonomie [OA], SDAJ Franken, Pension Ost, FAU Nürnberg, Revolutionäre organisierte Jugendaktion [ROJA], ver.di Bezirksjugend, Antifaschistische Linke Fürth [ALF], Jugendantifa Fürth [JAF], Schülerbündnis Nürnberg, [’solid] Nürnberg, APPD Super-GAU Franken, Kurzer Prozess, Sozialforum Nürnberg, DIDF Nürnberg, Musikverein im K4, DIDF-Jugend Nürnberg, Antifaschistische Aktion Passau [aapa], GEW Kreisverband Nürnberg
Die Durchführung der Aktion wird unterstützt vom Nürnberger Bündnis Nazistopp