Der Internationale Frauenkampftag in Nürnberg

Zur Zeit sind es in Deutschland wenige Städte, in denen die revolutionäre Linke den Versuch macht, größere Kundgebungen und Demonstrationen zum Internationalen Frauenkampftag (wieder) zu etablieren. In Nürnberg trägt seit einigen Jahren ein Bündnis aus linken/feministischen Gruppen den antipatriarchalen Kampf am 8. März in die Öffentlichkeit. Dieses Jahr gestaltete das 8. März-Bündnis wieder einen Aktionstag mit anschließender Demonstration in der Nürnberger Innenstadt.
Ein Lautsprecherwagen, Flugblattverteilungen, Reden, Infostände, Ausstellungen und AgitProp-Aktionen machten unter dem gemeinsamen Motto „Den sexistischen Normalzustand angreifen!“ die Passantlnnen darauf aufmerksam, dass trotz alter hierzulande durch die Frauenbewegung und die Linke errungenen Fortschritte Frauenunterdrückung, Gewalt gegen Frauen und sexistisch geprägter Alltag weiterhin fester Bestandteil des herrschenden Systems und der Gesellschaft sind.
Eine Ausstellung der Radikalen Linken (RL) widmete sich dem Thema Sexuelle Selbstbestimmung. Die Verletzungen der sexuellen Selbstbestimmung vor allem der Frauen im sexistischen Normalzustand wird in dieser Ausstellung nachdrücklich aufgezeigt. Die Revolutionär Organisierte Jugendaktion (ROJA) und die organisierte autonomie (OA) brachten eine AgitProp-Aktion auf die Straße, in dem sie Frauenausbeutung und Alltagsgewalt gegen Frauen thematisierten. Die mit dem patriarchalen Rollenbild der Frau verbundene Unterdrückung und Ausbeutung wurde mit lebenden Statuen dargestellt. So standen z.B. „die geschlagene Frau“ oder „die Näherin“ auf Podesten. Ein Podest war immer leer, es stand bereit für Frauen, die den Kampf gegen Sexismus und Patriarchat selbstbestimmt aufnehmen. Zuhörerinnen konnten sich dann auf dieses Podest stellen. Die Gruppe Feministische Perspektive vermittelte über ein Theaterstück „Warum es heute noch aktuell ist Feministin zu sein“. In dem Theaterstück stritt eine Frau, die das Mainstream-Bewusstsein repräsentierte, die Notwendigkeit feministischer Haltung ab. In dem Stück traten dann andere Frauen hervor, die ihre Motivation Feministinnen zu sein als Antwort auf Fragen der ersten Frau erklärten.
Courage, die Linke Liste und der Sozialistische Frauenbund (SKB) wahren mit lnfoständen vertreten und die Gruppe Feliara lud unter dem Motto „Sie sind in Deutschland angekommen“ dazu ein, in der Rolle einer Flüchtlingsfrau die Stationen eines Entscheidungsparkours zu durchlaufen und so eine Ahnung davon zu gewinnen, was Flüchtlingsfrauen in Deutschland durchleben müssen.
Im Anschluss an den Aktionstag lief ein Demonstrationszug mit ca. 150 TeilnehmerInnen von der Innenstadt nach Gostenhof.
Die immer noch eher geringe Teilnehmerinnenzahl kann nicht dadurch erklärt werden, dass der 8. März als „Tag der Frau“ oder „Internationaler Frauenkampftag“ im Bewusstsein der Menschen erst wieder etabliert werden müsste. Die bürgerlichen Medien machen am 8. März und in den vorangehenden Tagen gehäuft speziell auf „Frauenthemen“ aufmerksam und verweisen meist auch direkt auf den 8. März. In den Nürnberger Nachrichten gab es dieses Jahr einen Artikel der wie immer zurechnungsfähigen und wohlwollenden Claudine Stauber, in dem den LeserInnen die Aktualität des 8. März und des antipatriarchalen Kampf vor Augen geführt wurde. Die Fürther Nachrichten porträtierten am 8. März zwei Frauen aus Frankreich und der Türkei, um mal „Über den Tellerrand zu schauen“. Berichtet wurde in den sozialdemokratischen Zeitungen der Region dann freilich nicht mehr über die lokalen feministischen und linken Aktivitäten zum 8. März.
Auch im Alltagsbewusstsein kommt der 8. März als „Tag der Frau“ durchaus noch vor – allerdings eher als ein „Muttertag für alle Frauen“. Es profitiert hauptsächlich die Blumenindustrie, wenn Ehemänner und männliche Vorgesetzte an diesem Tag ein Dankeschön für die Erfüllung der Frauenrolle springen lassen.
Die Gewerkschaften halten den Internationalen Tag der Frau ebenfalls am Leben. Im Mittelpunkt ihres Interesses liegt dabei seit jeher die Entgeltgleichheit und aktuell die Forderung einer Frauenquote für Führungspositionen der Wirtschaft. Angriffspunkte für stärkere Bemühungen (auch der Gewerkschaftsbasis) gäbe es genug. Schließlich macht mit Kristina Schröder gerade eine Ministerin „Frauenpolitik“ im Vergleich zu der Ursula von der Leyen geradezu fortschrittlich wirkt.

Alle Tage 8.März

Es ist sicher gut, die Breit des Kampfes gegen Patriarchat und Sexismus darzustellen. Was den linken und feministischen Aktivitäten am 8. März in Nürnberg bislang fehlt, ist ein gemeinsamer nach außen erkennbarer thematischer Schwerpunkt, der geeignet ist, die PassantInnen tatsächlich anzusprechen und für das Thema empfänglich zu machen. Zur Zeit wirkt der Aktionstag noch zu sehr wie ein Nebeneinander von Queerfeministischen Inhalten über gewerkschaftliche Argumentation bis hin zur Forderung an Ministerin Schröder, den Prostituierten die Legalität ihrer Tätigkeit zu entziehen.
Die öffentlichen Aktivitäten am 8. März werden wachsen und die begrüßenswerte Demonstration zum Frauenkampftag kann sicher sehr viel größer werden, wenn die Aktualität des Kampfes gegen Sexismus und Patriarchat in der revolutionären Linken das ganze Jahr über ernsthaft thematisiert wird – nicht als Anhängsel (nach dem Motto „zu Frauen muss auch noch was rein in das Flugblatt“) Der 8.März selbst sollte der jährliche Kulminationspunkt der antipatriarchalen Aktivitäten sein und nicht Ersatz für Kämpfe und Beschäftigung mit dem Thema in den übrigen elf Monaten.
Der Tag, an dem der Öffentlichkeit geballt die Kämpfe gegen Patriarchat und Sexismus nahe gebracht werden und die Notwendigkeit des gemeinsamen Kampfes aller gegen das Patriarchat vermittelt wird.

Aufruf des 8. März Bündnis | Love Sex! Hate Sexism! (RL) | Flugblatt von ROJA und OA |