Nach nun fast einem Jahr Schließung des Jamnitzerplatzes wurde dieser endlich für NutzerInnen freigegeben. Bis dahin war es ein langer Weg. Ursprünglich sollte der Platz vergangenen Herbst noch im Jahr 2021 fertiggestellt werden, jedoch wurde seitens der Stadt Nürnberg gleich mehrfach die Eröffnung verschoben. Das kein Verlass auf die städtischen Zusagen ist, zeigte sich schon daran, dass es vor Beginn der Umbauarbeiten noch hieß, der Platz werde Stück für Stück teilsaniert.
Dadurch hätten die Menschen in Gostenhof den Platz weiter nutzen können. Stattdessen wurde der Platz mitten während der Pandemie gesperrt und der öffentliche Raum weiter verengt. Das misstrauen seitens der Stadt gegenüber den BewohnerInnen Gostenhofs zeigte sich einmal mehr in dem dann auf dem voll gesperrten Platz durchgehende Überwachung von einem bestellten Securityunternehmen erfolgte. Wie viel Geld die Stadt über die Dauer des Umbaus für die unnötige Bewachung aus dem Fenster warf, bleibt nur zu vermuten. Am 24.03. ab Mittag war es dann endlich soweit. Der Platz wurde mit viel Tam Tam als inszeniertes Pressepektakel eröffnet. Obwohl es wohl kaum ein Zufall war, dass OB König und 3. Bürgermeister Vogel werktags um 12:00 Uhr sich blicken ließen, mehrere Beamte des Staatschutzes zugegen waren und in umliegenden Straßen Unterstützungssonderkommando (USK) Einheiten der bayrischen Polizei abgestellt waren, konnte der Unmut über Gentrifizierung, Verdrängung aus dem öffentlichen Raum und Repression nicht aus dem Bild getilgt werden. Einige NachbarInnen und BewohnerInnen des Viertels machten mit zahlreichen Schildern auf die soziale Frage im Viertel aufmerksam. Die Parolen „Reclaim Jamnitzer, Gegen Verdrängung und Vertreibung, Gentrifizierung stoppen“, waren dann auch in der kleinen Menge Leute, die sich die Stadt als Publikum handverlesen eingeladen hatte zu sehen. Auffallend war, dass nahezu niemand der üblichen PlatznutzerInnen zugegen war, sondern neben der Stadtspitze, städtischen Angestellten und mehreren Kindergruppen aus den umliegenden Einrichtungen, die in Zweierreihen begleitet von ihren ErzieherInnen anmarschieren durften, nur ein paar wenige der bessergestellten ViertelbewohnerInnen zu sehen waren. Kein Wunder hatte die Stadt Nürnberg den Eröffnungstermin nirgendwo im Vorfeld groß bekannt gemacht. Scheinbar wollte man so, uns, den Pöbel beim Presseschaulaufen nicht zu Gesicht kriegen müssen. Das „Versäumnis“ den ViertelbewohnerInnen den Eröffnungstermin nicht mitzuteilen wurde durch AktivistInnen der organisierten autonomie und des Stadtteilclubs Reclaim Gostenhof wieder gut gemacht. Diese hatten mit hunderten Flyern den Termin öffentlich gemacht.
Nach einigen Photos für die Presse wurde der Platz dann auch schleunigst von den seltenen Gästen verlassen und leider wurden auch die Kinder durch ihre BetreuerInnen, nachdem sie ihre Aufgabe als Kulisse getan hatten, vom Platz zurück in ihre Einrichtungen begleitet. Gegen 14:00 Uhr begann die eigentliche Eröffnung für die Menschen aus Gostenhof, eine riesige Menge an Leuten nahm sich den Platz zurück und nutzten den sonnigen Tag für Unterhaltungen, Sport, Spazieren und Erkundung der Neugestaltung und das bis in die Nacht. Aus dem anliegenden Stadtteilladen Schwarze Katze, konnte sich über den Tag gegen Spende Kaffee und Kuchen geholt werden. Ein Highlight für viele war sicherlich auch, dass die viel verlangte öffentliche Toilette, für die wir uns mit anderen eingesetzt hatten, trotz allem Widerstands der Stadt auf dem Platz installiert worden war. Alles in allem konnten die anwesenden Leute den Platz ungestört nutzen und dort einen guten Tag verbringen. Ein paar wenigen USKlern, denen zwischenzeitlich wohl langweilig wurde und die vielleicht hofften an diesem schönen Tag doch noch Gewalt gegen Menschen ausüben zu können, belästigten vorübergehend unter Vorwänden zwei kleine Gruppen Punks am Rande des Platzes. Wobei andere hinzukamen und die Polizei aufforderten ihre Eskalationsversuche einzustellen. Obwohl die Beamten Menschen drohten, traute sie sich dann doch nicht sich mit den besonnenen Menschen vor Ort anzulegen. Absurderweise sprachen sie einen Platzverweis wegen Trinkens von alkoholfreiem Bier aus („das sieht nicht gut aus“ ihre Begründung) und verschwanden nach kurzem wieder. Das viel von der Stadt bemühte Versprechen „Platz für alle“ wurde so bereits am ersten Tag von einzelnen PolizistInnen gebrochen, nur aufgrund von Äußerlichkeiten von Menschen, die sie gerne aus dem öffentlichen Raum entfernen würden. Wir legen Polizei, Sicherheitswacht und Ordnungsamtaußendienst nahe, in Zukunft nicht wieder damit anzufangen, Menschen vom Platz mit willkürlichen Kontrollen und Strafen zu vertreiben und es nicht erneut auf eine massive Eskalation ihrerseits wie in den vergangenen Jahren ankommen zu lassen. Wir bleiben alle! Gegen Gentrifizerung und Vertreibung! Die Häuser denen die drin wohnen! Die Plätze jenen die sie nutzen! Gostenhof bleibt widerständig, solidarisch und rebellisch!