Immer öfters geben sich bayerische „Anti-Antifa Fotografen“ als MedienvetreterInnen aus und versuchen so hinter Polizeiabsperrungen zu gelangen, um GegendemonstrantInnen zu fotografieren und auszukundschaften. Mit Erfolg.
Die Strategie ist nicht neu: Neonazis, die im Aufgabenfeld „Anti-Antifa“ aktiv sind, geben sich als AntifaschistInnen aus, begleiten antifaschistische Aktionen und werden nur selten enttarnt. Dabei bedienen sich die neonazistischen Strukturen an weniger bekannten AktivistInnen oder völlig klandestin arbeitenden Personen.
Hauptaufgabenfeld der „Anti-Antifa“ ist das sammeln von Daten über „politische Feinde“, die Auswertung von Informationen aus Gerichtsprozessen, Justiz- und Polizeiakten sowie das permanente abfotografieren von AntifaschistInnen. Diese Praktiken führen dazu, dass auch einzelne Nazi-GegnerInnen observiert und deren privates Umfeld ausspioniert werden.
Die gesammelten und ausgewerteten Erkenntnisse dienen dabei wiederum für interne Veranstaltungen, in denen meist junge Rechte über Bekannte AktivistInnen der antifaschistischen Bewegung aufgeklärt werden, verbunden mit dem Hinweis auch im eigenen Freundes- und Bekanntenkreis Informationen über vermeintliche Linke zu sammeln und weiterzugeben.
Besonders deutlich wurde die Strategie bei der sogenannten „Kaffeefahrt nationaler Kräfte“ am 30. März, als Neonazi- AktivistInnen aus Bayern, Sachsen und Baden-Württemberg in mehreren Städten Bayerns Kundgebungen und Demonstrationen durchführten, um für die eigene 1.Mai Demonstration in Würzburg zu werben. Die meisten Neonazis traten dabei weitgehend uniformiert auf und trugen das rote Kampagnen-T-Shirt des „Freien Netzes Süd“ (FNS) für den bevorstehenden 1.Mai-Aufmarsch über ihren schwarzen Kapuzenpullis. Nur wenige haben sich das T-Shirt nicht übergezogen. Darunter der FNS- Führungskader, Anmelder und Anti-Antifa Aktivist Norman Kempken, der unterfränkische FNS-Kader und Anti-Antifa Aktivist Marcel F., der Nürnberger FNS- Aktivist und Anti-Antifa-Filmer Stefan M. und der Fürther FNS-Kader und Anti-Antifa Aktivist Kai Zimmermann. Bekannte Anti-Antifa Aktivisten, wie der FNS- Kader und Stadtrat der „Bürgerinitiative Ausländerstopp“ (BIA) in Nürnberg, Sebastian Schmaus, trugen wiederrum das Kampagnenshirt. Reinem Zufall war dieser Umstand nicht geschuldet. Während sich professionelle JournalistInnen des Öfteren mit Einschränkungen bei rechten Aufmärschen konfrontiert sehen, konnten sich die zivilen Anti-Antifa Aktivisten unbehelligt von Polizei und AntifaschistInnen in der Gegendemonstration aufhalten, AntifaschistInnen abfotografieren und danach durch die Polizeiketten wieder ihren Gesinnungsgenossen anzuschließen. Gegenüber bürgerlichen GegendemonstrantInnen gaben sie sich dabei auch als „Pressefotografen“ aus. Die bekannteren Anti-Antifa AktivistInnen wurden dabei nur auf der rechten Kundgebung eingesetzt und fotografierten von dort aus GegendemonstrantInnen. Somit waren die meisten AntifaschistInnen auf die erkennbaren Nazi-Fotografen konzentriert, während die anderen sich unbehelligt in der Gegendemonstration aufhalten konnten.
Ein solches Vorgehen ist für GegendemonstrantInnen gefährlich, die aufgrund solcher Fotos später im Internet, teilweise mit vollständigem Namen und Bild, diffamiert werden. Manche Betroffene sind darüber hinaus auch Opfer von neonazistischen Anschlägen geworden. Diese reichen von einfacher Sachbeschädigung über Veröffentlichungen am Arbeitsplatz bis hin zum Brandanschlag auf das eigene Auto.
Möglichkeiten, wie man gegen diese Aktivitäten der Nazis vorgehen kann, gibt es viele. Eine davon ist, PolizistInnen immer wieder darauf aufmerksam zu machen, dass Neonazis in Gegendemonstrationen auch für die Deeskalation nicht förderlich sind. Die Vergangenheit hat allerdings gezeigt, dass sich viele Polizeibeamte dafür nicht sonderlich interessieren. Eine andere Möglichkeit wäre, Anti- Antifa Fotografen zu erkennen und sie wirksam aus Gegenprotesten auszuschließen.