Gegen Abschiebungen! – Für globale Bewegungsfreiheit!

Proteste am Abschiebeflughafen München

„Ich möchte nicht nach Malta zurückkehren. Lieber möchte ich sterben.“  Der aus Somalia geflüchtete Mohamed Abdilahi fand vor dem Amtsgericht Weißenburg  klare Worte für seine verzweifelte Lage. Dennoch wollten die Behörden ihn abschieben. Auch dass die Grünen im Bayerischen Landtag und auch der Bayerische Flüchtlingsrat einen sofortigen Abschiebestopp forderten, beeindruckte – wenig überraschend – die zuständigen Stellen nicht.
Doch die erste Abschiebung am 25. Juli scheiterte, denn Herr Abdilahi wehrte sich gegen seine Deportation nach Malta. Als er ankündigte das wieder zu tun, weigerte sich die Lufthansa, ihn erneut zu transportieren. Doch Mohamed Abdilahi war immer noch von der Abschiebung bedroht. Er sollte nach Malta abgeschoben werden. Dorthin war er aus seinem Heimatland Somalia vor dem Bürgerkrieg geflohen. Nach einer traumatisierenden Überfahrt, bei der ein guter Freund von ihm ertrank,  stellte er in Malta einen Asylantrag. Darauf wurde er in Haft genommen und ein Jahr lang in eine Halle mit 300 anderen Gefangenen gesperrt. Dort musste er unter unvorstellbaren Bedingungen leben. Als er wieder frei kam, wurde er in einem Zeltlager untergebracht, wo jeweils sechs Leute in einem Zelt leben mußten. Die monatlichen 90 Euro Grundversorgung, die ihm die Behörden in Malta zahlten, waren jeweils nach einer Woche aufgebraucht.
Deshalb ist Mohamed Abdilahi weiter nach Deutschland geflüchtet. Malta ist berüchtigt, für die inhumanen Bedingungen unter denen dort Flüchtlinge leben müssen. Wer illegal von Malta ausgereist ist, läuft außerdem Gefahr, dort wieder in Haft genommen zu werden. Davor hat Herr Abdilahi verständlicherweise große Angst, und deshalb hat er gesagt, er wolle lieber sterben als nach Malta zurückzukehren. Doch der deutsche Staat wollte ihn dennoch abschieben. Denn am 2. August lief die Frist aus, in der Malta ihn zurücknimmt. Die Fluggesellschaft Air Malta sollte Herrn Abdilahi über München nach Malta fliegen.

Abschiebekrimi in München

Doch es regte sich Widerstand gegen die Abschiebung. Der bayerische Flüchtlingsrat rief dazu auf, Protestfaxe und Emails an Air Malta zu schicken. Am Tag des Abflugs fand vor der Air Malta Niederlassung in Frankfurt eine Protestkundgebung statt und AktivistInnen betraten das Gebäude um über die Abschiebung zu verhandeln. Am Flughafen München im Check-In Bereich des Terminal 2 startete zeitgleich  eine Protestaktion. Flugblätter wurden verteilt, Parolen gegen Abschiebungen gerufen und Transparente, u.a. mit der Aufschrift „Unsere Münchner Freiheit: Nonstop zu Abschiebeflügen weltweit“ entrollt. Kurze Zeit später ertönte eine Durchsage am Flughafen München: „Aufgrund der aktuellen Buchungslage“ würde Passagieren 250 Euro geboten, die ihren Platz in dem Flieger der Bundespolizei zur Verfügung stellen und einen Umweg fliegen. Schließlich wurde den Protestierenden AktivistInnen der Karawane München, des Bayerischen Flüchtlingsrates, der antifa.nt und des Aktionsbündnis gegen Abschiebungen Rhein-Main bekannt, dass Passagiere  gegen die Abschiebung in ihrem Ferienflieger protestierten und ein Gespräch mit dem Piloten der Air Malta Maschine forderten. Dann hebt der Flieger in Richtung Malta ab.

Menschenverachtende Abschiebungen stoppen

Doch Mohamed Abdilahi saß nicht in dem Flugzeug. Die Airline hatte sein Ticket storniert, da der Pilot sich nach den Protesten der Passagiere geweigert hatte, ihn mitzunehmen. Zuvor hatte Air Malta der Bundespolizei signalisiert, dass sie wegen des unfreiwilligen Fluggastes, Sicherheitsbedenken habe. Deshalb hatte die Bundespolizei auch versucht, weitere Plätze für Beamte im Flugzeug aufzukaufen. Glücklicherweise war alles umsonst. Mohamed Abdilahi kann hier bleiben und der Abschiebemaschinerie wurde eine Niederlage zugefügt. Natürlich ist dies leider die Ausnahme. Aber dort wo Menschen gegen Abschiebungen kämpfen, kommt es immer wieder zu Erfolgen, die für die Betroffenen die Rettung der Existenz bedeuten und ihnen manchmal sogar das Leben retten. Der erfolgreiche Kampf Mohamed Abdilahis zeigt, dass sich kämpfen lohnt und dass der Staat nicht immer auf den rassistischen Konsens setzen kann. Der Kampf gegen Abschiebungen aus Bayern ist in der Offensive, was auch die gerichtlich durchgesetzte Kundgebung im Münchner Flughafen am 6. August zeigte. Zuerst sollte eine Kundgebung nur in einem nahezu menschenleeren Bereich erlaubt werden. Doch vor Gericht konnte durchgesetzt werden, dass auch die Passagiere und Airline-MitarbeiterInnen über die menschenverachtende Abschiebepraxis am Münchner Flughafen aufgeklärt werden konnten. So z.B. darüber, dass die Weigerung von Passagieren, sich hinzusetzen, da im selben Flugzeug ein unfreiwilliger Passagier sitzt, schon so manche Abschiebung verhindert hat.

Erschienen in barricada Sommer [II] 2011